zum Inhalt

Aktuell

Am 5. Juli 2023 will die EU-Kommission einen Vorschlag zur völligen Entfesselung der Neuen Gentechnik präsentieren. In den letzten Tagen wurde der Entwurf dazu an die Öffentlichkeit geleakt. „Gentechnik ist ein Einfallstor für die komplette Monopolisierung von Saatgut durch Großkonzerne“, warnt Katherine Dolan, Leiterin des Bereichs Saatgutpolitik bei ARCHE NOAH. Durch Patente auf Saatgut wird die Nutzung spezifischer Eigenschaften in der Pflanzenzucht auf die Patentinhaber:innen (z.B. Corteva, Bayer/Monsanto, BASF, Syngenta/ChemChina) eingeschränkt.

„Gentechnik-Saatgut ist patentiertes Saatgut, egal ob alte oder Neue Gentechnik“, so Katherine Dolan. „Wenn die EU-Kommission das Tor für die Neue Gentechnik weit aufreißt, bedeutet das nichts anderes als eine Überflutung des europäischen Markts mit patentiertem Saatgut.“ Kleine und mittelständische Saatgutbetriebe werden zunehmend vom Markt verdrängt, da sie keinen Zugang zu wichtigen Eigenschaften für die Entwicklung neuer Sorten mehr bekommen, etwa erhöhte Hitzetoleranz oder Krankheitsresistenzen. Eine Änderung des Patentrechts, sodass Neue Gentechnik nicht mehr patentierbar wäre, ist derzeit nicht in Sicht.

Auch die Anwendung der Neuen Gentechnik in der Pflanzenzucht ist patentierbar und wird bereits massiv beansprucht. Allein auf die Anwendung von CRISPR/Cas in der Pflanzenzüchtung wurden schon rund 10.000 Patente bei der WIPO (World Intellectual Property Organization) angemeldet. „Die Neue Gentechnik führt zu einer Monopolisierung der Pflanzenzüchtung. Die Idee von einer ’Demokratisierung‘ ist schlichtweg falsch“, erklärt Katherine Dolan von ARCHE NOAH. Wenn ein heimischer Saatgutbetrieb eines der neuen Verfahren nutzen will, muss er eine Lizenzvereinbarung unterschreiben und in der Regel Lizenzgebühren bezahlen. „Die neue Gentechnik ist ein Hebel für die Großkonzerne, ihre Kontrolle über den Saatgutmarkt und somit über unsere Ernährung weiter auszubauen“, erklärt Dolan. Schon jetzt beherrschen nur vier internationale Konzerne – Corteva, Bayer, BASF und Syngenta – mehr als 50 Prozent des globalen Saatgutmarkts.

ARCHE NOAH sieht in den neuen Verfahren eine Ablenkung von der notwendigen Transformation der Landwirtschaft. „Nachhaltige Landwirtschaft besteht aus robusten, widerstandsfähigen Systemen, nicht aus losen Genen. Nur eine breite Nutzung der noch vorhandenen genetische Vielfalt unserer Kulturpflanzen sowie eine Vielfalt an Akteur:innen ermöglichen Anpassungsfähigkeit und Resilienz. So stellen wir unsere Versorgung mit leistbaren, regionalen, biologischen und vielfältigen Lebensmitteln in Zukunft sicher.“

Ebenfalls am 5. Juli 2023 will die EU-Kommission einen Vorschlag zur Reform des EU-Saatgutrechts vorlegen, der die Rahmenbedingungen für die Produktion und Vermarktung von Saatgut für die nächsten Jahrzehnte festschreiben wird. Erst am 31. Mai 2023 hat ARCHE NOAH gemeinsam mit 38 Saatgut-Initiativen aus 20 Ländern einen Offenen Brief an die EU-Kommission geschickt, um eine Reform einzufordern, die den Erhalt und die Entwicklung der Kulturpflanzenvielfalt fördert, statt sie weiter zu verdrängen.

Quelle: ARCHE NOAH

zum Anfang der Seite